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Fahrbericht Opel Corsa Opc: Energisch An Die Spitze

Andre

Administrator
Ist es das biblische David-gegen-Goliath-Schema, das PS-starke Kleinwagen so beliebt macht? Der Spaß, auf der linken Spur „die Großen“ zu ärgern? Viel Leistung auf überschaubarem Raum bietet auch der Opel Corsa OPC, der sich aktuell an die Spitze der Leistungsskala unter den Rennsemmeln gesetzt hat und im Alltagsgebrauch einen starken Auftritt abliefert.

Zwar kann der Opel Corsa mit aktuell rund 44 000 Neuzulassungen in diesem Jahr nicht an der Führungsrolle des VW Polo im Kleinwagensegment kratzen, aber bei der Motorleistung liegt der Rüsselsheimer vorn. Stolze 152 kW / 207 PS drückt er auf die Antriebsräder, während aus Wolfsburg „nur“ 192 PS für den Polo GTI aufgerufen werden. Auch der Ford Fiesta ST (182 PS) und der Renault Clio RS (200 PS) können da nicht mithalten. Allerdings nimmt der Opel ganz selbstbewusst auch in der Disziplin Preisgestaltung den Spitzenplatz ein: 24 650 Euro soll er kosten, was ihn mehr als 2000 Euro teurer als den Polo macht, gut 4000 Euro trennen ihn vom Fiesta.

Dafür sollte er schon allerhand bieten. Zum Beispiel 18-Zoll-Leichtmetallräder, auf denen der „Arden“-blaue Testwagen mit seinen hinten frech ausgestellten Radhäusern breitbeinig auf der Straße steht. Allerdings gehören die nicht zum Serienumfang, da gibt es nur 17-Zoll-Räder. Die 18-Zöller sind Teil des OPC-Performance-Pakets, das sich der Hersteller mit 2990 Euro extra vergüten lässt. Mit eingeschnürt sind darin die straffere Fahrwerkabstimmung, ein mechanisches Lamellen-Sperrdifferenzial und Brembo-Bremsen. Was OPC-Chef Volker Strycek als „Ticket für die Rennstrecke“ bezeichnet, verteuert den Wagen dann also auf 27 640 Euro. Der blaue Lack ist auch nicht gratis: plus 190 Euro.

Ein Schnäppchen ist das nicht mehr. Langstreckentaugliche und seitenstabile Sportsitze werden gern gegen Aufpreis angeboten. Da ist der OPC vorbildlich. Aus dem Hause wohlbekannter Spezialisten auf dem Sektor, von Recaro, stammt das „Performance“-Gestühl, das dieser Corsa serienmäßig mitbringt. Eine Klimaanlage wird ebenfalls geliefert, soll sie automatisch die Temperatur regeln, kostet das 310 Euro Aufpreis. Außerdem ab Werk vorhanden: Lenkrad und Handbremshebel in Leder gekleidet, gebürstete Edelstahl-Pedalerie, Tempomat, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Abbiegelicht und eine Remus-Edelstahl-Auspuffanlage. Deren Sound ist eher zahm und noch ausbaufähig, Agilität und Akustik sind nicht immer auf gleichem Niveau.

Damit der Kraftzwerg seine Muskeln schön spielen lassen kann, wurde im Opel Performance Center (OPC) intensiv an Fahrwerk und den Antriebs-Komponenten geschraubt. Der 1,6-Liter-Turbomotor, den der Corsa exklusiv in seiner Baureihe hat, wurde mit einem komplett neuen Ansaugtrakt und neuen Einspritzdüsen versehen. Außer der höheren Leistung soll dies auch ein verbessertes Ansprechverhalten bringen. Die Übung kann als gelungen angesehen werden, denn der Antritt ist unmittelbar und bissig, genau so wie es sich für eine Rennsemmel gehört. Die verkürzten Schaltwege des 6-Gang-Getriebes tun ein Übriges, ein dynamisches Fahrgefühl zu entfachen.

Wirklich gut ist, wie der Corsa seine Kraft auf die Straße bringt. Viel Gewicht kann er dazu ja nicht auf der Vorderachse einsetzen, das ganze Auto wiegt nur rund 1300 Kilogramm. Doch auch bei kräftigem Gasdruck beim Anfahren schubbert und zittert nichts, auch in der Lenkung sind die befürchteten Antriebseinflüsse nicht zu spüren. Die variable Dämpfung trägt ihren Teil dazu bei, den Westentaschen-Renner sauber in der Spur zu halten, die der Lenkeinschlag vorgibt. Dass dies gar nicht so einfach ist, lässt sich denken, denn der kleine Turbo-Vierzylinder entfesselt immerhin 245 Newtonmeter Drehmoment, dank einer Overboost-Funktion kurzzeitig sogar bis zu 280 Newtonmeter. Soweit wirklich überzeugend, nur was ihm fehlt, ist ein Start-Stopp-System. Mit dem sportlichen Charakter des Fahrzeugs ist der Verzicht auf diese Technik nicht zu begründen. Es gibt 500-PS-Coupés, die über diese Spritsparvorrichtung verfügen und ein bisschen Sparsamkeit stünde dem Corsa gut zu Gesicht.

So wie sich der OPC in den Asphalt beißt, ist es keine Überraschung, dass in weniger als sieben Sekunden 100 km/h erreicht sind. Vorausgesetzt, man bekommt die Gänge schnell genug sortiert und dreht sie ordentlich aus. Bis 5800 Touren ist die volle Leistung da. Aber der Bonsai-Bolide kann nicht nur forsch und zackig, auch entspanntes Gleiten liegt um, hohe Gänge bei Stadttempo sind kein Problem, denn auch unter 2000 Umdrehungen kann das volle Drehmoment genutzt werden.

Das „P“ für Performance steht also zu Recht an seiner Stelle, wie ist es mit dem praktischen Nutzen? 285 Liter Kofferraumvolumen sind nicht die Welt, aber auch kein Grund für die Kunden, sich zu grämen. Schließlich bietet auch der Polo GTI nicht mehr auf. Mit umgeklappter Rückbanklehne werden 1090 Liter daraus. Der Wunsch nach einer ebenen Ladefläche wird leider nicht erfüllt, die Ladekante ist 70 Zentimeter hoch. Die erlaubte Zuladung ist mit 377 Kilogramm fast zwei Zentner geringer als bei dem Schwestermodell mit 1,4-Liter-Turbomotor.

Worauf bei anderen Kleinwagen gern verzichtet wird, bietet der Corsa: Die horizontale Verstellbarkeit der Lenksäule. Von anthrazit bis tiefschwarz reicht, von dezenten Metall-Applikationen abgesehen, die Farbgebung im unteren Teil des Innenraums. Dass sich dennoch keine finstere Stimmung breit macht, ist der Tatsache zu verdanken, dass die obere Hälfte einschließlich Dachhimmel mit hellen Schaum- und Kunststoffen ausgekleidet ist.

Regensensor und automatisch abblendenden Innenspiegel hätte man dem Topmodell der Baureihe eigentlich noch guten Gewissens spendieren können, doch beides erscheint auf der Sonderausstattungsliste des Testwagens und schlägt mit 145 Euro zu Buche. Serienmäßig ist das Onstar-System an Bord, das online direkte Diebstahl- und Notfallhilfe, WLAN-Hotsport und eine Reihe von Concierge-Diensten vereinigt. Navigieren, was Onstar sonst auch kann, muss man beim Corsa OPC mit der Smartphone-App. Die Sicht nach hinten war in dem Dreitürer noch nie berauschend gut, weshalb man auf die Rückfahrkamera nicht verzichten sollte. Sie kostet 295 Euro extra.

So gesellt sich schnell eine Position zur anderen auf der Extra-Liste und ebenso schnell kostet ein Opel Corsa mehr als 30 000 Euro. Der Testwagen-Preis lag sogar 1140 Euro jenseits dieser Schwelle. Wenn er sich denn wenigstens so wirtschaftlich fahren ließe, wie versprochen. Aber die 7,5 Liter je 100 Kilometer, die offiziell genannt werden, lagen trotz zurückhaltender Fahrweise, aber mit erhöhtem Kurzstreckenanteil bei diesem Test, in weiter Ferne. Genauer gesagt um zwei Liter.

Fazit: Rennsemmeln sind Spaßmobile, das ist beim Opel Corsa OPC nicht anders. Fahrdynamisch macht ihm so leicht keiner etwas vor, auch als Alltagsauto hat er seine Qualitäten. Leider stößt er jedoch inzwischen in Preisregionen vor, wo die Luft dünn wird. Durch serienmäßige Extras ließe sich manches kompensieren, doch was wirklich nützlich und sinnvoll ist, kostet meistens auch extra. Dem temperamentvollen und drehfreudigen Turbomotor sollte man den Durst etwas zügeln. (amp/afb)

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Daten Opel Corsa OPC

Länge x Breite x Höhe (in m): 4,02 x 1,94 x 1,48
Radstand (m): 2,51
Motor: R4-Benziner, 1598 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 152 kW / 207 PS bei 5800 U/min
Max. Drehmoment: 245 Nm von 1900–5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,8 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 7,5 Liter
CO2-Emissionen: 100–102 g/km (Euro 6)
Effizienzklasse: B
Testverbrauch: 9,5 Liter
Leergewicht / Zuladung: min. 1293 kg / max. 377 kg
Kofferraumvolumen: 285–1090 Liter
Max. Anhängelast: 1200 kg
Basispreis: 24 650 Euro
 

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